UN-Behindertenrechtskonvention

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 13. Dezember 2006 das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (nachfolgend UN-Behindertenrechtskonvention, Abk.: UN-BRK) und das dazugehörige Fakultativprotokoll verabschiedet. Mit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention sind keine neuen, besonderen Menschenrechte geschaffen worden. Vielmehr werden die international anerkannten Menschenrechte aus der Perspektive und unter Berücksichtigung der Lebenslagen der Menschen mit Behinderungen konkretisiert.

Die Bundesrepublik Deutschland hat beide Verträge ohne Vorbehalte am 30. März 2007 unterzeichnet und auf Basis des gleichnamigen Gesetzes vom 21. Dezember 2008 (BGBl II, 2008 Nr. 35, S. 1419) mit Zustimmung des Bundesrates am 24. Februar 2009 ratifiziert. Sie sind damit für die Bundesrepublik Deutschland rechtsverbindlich.

<strong>Durch Ratifizierungsgesetz vom 24. Februar 2009 ist das UN-Behindertenrechtskonvention für die Bundesrepublik Deutschland rechtsverbindlich.</strong>

Die UN-Behindertenrechtskonvention enthält insgesamt 50 Artikel, deren Kernbestandteil die Artikel 1 bis 30 sind. Sie unterteilen sich in einen allgemeinen sowie einen besonderen Teil. In den Artikeln 1 bis 9 werden allgemeine Anforderungen für die Sicherung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, die für alle Bereiche und auf allen Ebenen staatlichen Handelns Geltung entfalten sollen, konkretisiert.

Hierzu gehören u.a. die Festlegung des Zwecks des Übereinkommens, die Beschreibung, wer zu den Menschen mit Behinderungen gehört, Definitionen zu Begriffen wie Kommunikation, Sprache, Diskriminierung aufgrund von Behinderungen, angemessene Vorkehrungen sowie universelles Design, die für das Verständnis der entsprechenden Begriffe heranzuziehen sind. Artikel 3 enthält darüber hinaus Prinzipien, die für das Grundverständnis der Konvention und den Interpretationsrahmen der einzelnen Bestimmungen von grundlegender Bedeutung sind. Hierzu gehören:

  • die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit,
  • die Nichtdiskriminierung,
  • die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft und die Einbeziehung in die Gesellschaft,
  • die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit,
  • die Chancengleichheit,
  • die Zugänglichkeit,
  • die Gleichberechtigung von Mann und Frau,
  • die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.

Artikel 4 verpflichtet die Vertragsstaaten zur Gewährleistung und Förderung der vollen Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten der Menschen mit Behinderungen. Er enthält darüber hinaus Vorgaben zur Anpassung der jeweiligen Rechtsordnungen durch gesetzgeberische Maßnahmen und zur gesamten staatlichen Praxis.

Die Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention sind ohne Einschränkungen oder Ausnahmen für alle Ebenen staatlichen Handelns, d. h. für Bund, Länder und Kommunen umzusetzen.

Eine der großen Herausforderungen für die Bundesländern besteht darin, im Sinne einer inklusiven Rechtskultur sowohl allgemeine als spezialgesetzliche Regelungen zu treffen, die dazu beitragen, dass die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention auch bezogen auf die besondere Situation in den Bundesländern umgesetzt werden können.

Inklusive Rechtskultur und Inklusion sind eine der größten gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen und müssen bis zur Umsetzung eingeleitet werden.

Zur Umsetzung der allgemeinen Anforderungen und zur Entwicklung einer inklusiven Rechtskultur gehört darüber hinaus auch die Überprüfung und ggfs. Anpassung bereits bestehender Gesetze und ihrer Ausführungsbestimmungen zur Sicherung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Dies gilt für das Behindertengleichstellungsgesetz der Bundesländer.

Zu den mit dem Aufbau einer inklusiven Rechtskultur in Verbindung stehenden Herausforderungen gehört außerdem, dass die rechtlichen Regelungen, die sich auf besondere Lebenssituationen von Menschen mit Behinderungen beziehen, dort festgelegt werden, wo sie auch für alle anderen Menschen getroffenen worden sind oder getroffen werden. Bei der Weiterentwicklung der landesrechtlichen Regelungen sind in Umsetzung der Anforderungen des Besonderen Teils der UN-Behindertenrechtskonvention diese allgemeinen Grundsätze wegen ihrer Querschnittsbedeutung immer mit zu berücksichtigen.

Da dieses Gesetz ein Gesetz für die Menschen mit Behinderungen und zur Wahrung der mit der UN-Behindertenrechtskonvention verankerten Rechte ist, soll auch die allgemein übliche Bezeichnung des maßgeblichen Übereinkommens der Vereinten Nationen gewählt werden. Anstatt der formalen Abkürzung „VN“ (Vereinte Nationen) wird daher im gesamten Gesetzestext dem Verständnis der Menschen mit Behinderungen und dem Verständnis der Menschen, die sich in der Behindertenpolitik engagieren, entsprechend die Bezeichnung UN-Behindertenrechtskonvention verwandt werden.

Quelle: aus dem Entwurf eines Ersten allgemeine​n Gesetzes zur Stärkung der Sozialen Inklusion in NRW