3. a) Deutschen Gebärdensprache als 2. Amtsprache
Gesetzliche Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als 2. Amtssprache und als Gerichtssprache in der Bundesrepublik Deutschland
Als Gebärdensprache bezeichnet man eine eigenständige, visuell wahrnehmbare natürliche Sprache, die insbesondere von gehörlosen und schwerhörigen Menschen zur Kommunikation genutzt wird. Das Wort „eigenständig“ betont, dass sie sich grundlegend von der jeweiligen Lautsprache des Landes unterscheidet und eine eigene grammatikalische Struktur besitzt. In Ihrer Andersartigkeit in Bezug auf die deutsche Lautsprache ist sie durchaus vergleichbar mit dem Chinesischen. Deutsch, geschrieben wie gesprochen, ist für Gehörlose eine Fremdsprache, die sie mühsam lernen müssen. Die Gebärdensprache ist eine natürliche Sprache, die gehörlose und schwerhörige Menschen ohne Barrieren auf natürlichem Wege als Kinder vollständig erwerben können. Mit der Gebärdensprache als Erstsprache haben Gehörlose und Schwerhörige dann eine sprachliche Basis für das Erlernen der Laut- und Schriftsprache Deutsch.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Hörgeschädigte – Selbsthilfe und Fachverbände e.V. ist für rd. 400.000 Hörbehinderte in Deutschland daher die Deutsche Gebärdensprache (DGS) Erstsprache und somit die bevorzugte oder sogar einzige Kommunikationsform. Der Gebrauch der DGS ist für Gehörlose und Schwerhörigen somit selbstverständlich. Sie identifizieren sich über ihre eigene Sprache, ihre eigene Kultur und ihre eigenen Werte, wie es in dem UN-BRK Art. 24 Abs. 3 b „Identität der Gehörlosen“ sowie dem UN-BRK Art. 30 Abs. 4 die „Gebärdensprache“ als Erstsprache und „Gehörlosenkultur“ festgelegt ist. Die UN-BRK verpflichtet in Artikel 21 e alle Mitgliedsstaaten, Gebärdensprache anzuerkennen und zu fördern.
Zurzeit wird die Gebärdensprache in Deutschland durch das Behindertengleichstellungsgesetz (§ 6 Abs. 1 BGG) bereits als eigenständige Sprache anerkannt und hör- und sprachbehinderten Menschen das Recht zugesprochen, diese zu benutzen. Dies hat auf Grund des rechtlichen Kontextes an sich aber keine nennenswerten praktischen Auswirkungen. Daher treffen hörbehinderte Menschen im Alltag immer noch auf viele Barrieren. Wo immer nur gesprochene Lautsprache eingesetzt wird, werden gehörlose und hörbehinderte Menschen tatsächlich benachteiligt – also in praktisch sämtlichen Lebensbereichen wie in sozialen, kulturellen, politischen und bürgerlichen Bereichen der Gesellschaft. Neben der Hörbehinderung handelt es sich daher zusätzlich und in erster Linie um eine Kommunikationsbehinderung.
Durch eine eindeutige Anerkennung der DGS als zweite Amtssprache und Gerichtssprache neben dem Deutschen wären Einzel- bzw. Ausnahmeregelungen hinfällig und Gehörlose wären in ihrer Kommunikation mit staatlichen Institutionen anderen Bürgern und Bürgerinnen durchgängig gleichgestellt. Hier kommt einer solchen Anerkennung damit eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der sozialen Teilhabe von Menschen mit Hörbehinderung an gesellschaftlichen Prozessen zu. Wie im Artikel 21 e der UN-BRK fordern wir daher, die von uns vorgeschlagenen Formulierungen in die deutschen Gesetze aufzunehmen:
sowie auch
Dies wäre eine Grundlage für die Veränderung des Bewusstseins und der Implementierung der Deutschen Gebärdensprache (DGS) in sämtliche gesellschaftlichen und sozialen Lebensbereiche sowie für das Ermöglichen eines sozialen Miteinanders zwischen nichtbehinderten Menschen und hörbehinderten Menschen.
Mehr dazu entnehmen Sie dem Bericht der Linguisten Dr. Emily Kaufmann und Reiner Griebel (Universität zu Köln) mit dem Titel „Der aktuelle Status der Deutschen Gebärdensprache in der deutschen Gesetzgebung – Argumente für Deutsche Gebärdensprache als zweite Amtssprache“, den Sie im Anhang finden.